Franziska Barta

Fotografie © Mayk Wendt

Franziska Barta wurde 1969 in Ostberlin Prenzlauerberg geboren. Nach dem Studium der Humanmedzin an der Freien Universität zu Berlin und nach dem Mauerfall an der Humboldtuniversität folgte die Facharztzeit in Vaduz, Zürich und Chur. Danach führte sie eine Praxis im St. Galler Rheintal, heute leitet sie eine Praxis samt Apotheke im Oberengadin. In den Praxisräumen sind auch Photographien ihrer Reisen zu sehen. «Eine Berlinerin im Engadin» ist ihr literarisches Debüt.

Welche drei versunkene Wörter sollten wir wieder vermehrt verwenden? Und weshalb?

  • Fisematenten: «Mach kene Fisematenten!» Der Klang des Wortes, rauh und schnörkellos, erinnert mich an den schnoddrigen Berliner Slang, den ich in all den Jahren fast verloren habe und zuweilen vermisse.
  • Zupfgeige: Wenn Musiker auf alten Instrumenten musizieren, fasziniert mich das. Die Laute, ein Instrument wie aus der Zeit gefallen. Der helle warme Klang weckt eine Kindheitserinnerung an das Mandolinenspiel in der russischen Volksmusik. Als Kind in der alten DDR hörten wir diese Musik auf Volksfesten oder Veranstaltungen.
  • Vagabund: Darin verbirgt sich doch eine kleine Sehnsucht nach gedankenloser Leichtigkeit, das sich Befreien von Zwängen, ein Gegenentwurf zu meinem durchgetakteten Leben und meiner Verantwortung im Beruf.

Aktivität outdoor oder indoor. Was liegt Ihnen mehr?
Outdoor: auf einer Wiese stehen mit Blick über die Bergsilhouette, mich am grünen Falter entlang des Flusslaufs erfreuen und dann Kräuter sammeln, Mundharmonika spielen - wenn niemand zuhört.

Was vermissen Sie im Engadin, was so toll war in Berlin?
Frauenausgang, Tanzen, "Kreuzberger Nächte sind lang...."

Ihr grösster Fehler?
Meine Bockigkeit. Auch heute stehe ich noch oft in der «Strafecke» und komme da einfach nicht heraus.

Wen bewundern Sie? Wofür?
Ich bewundere nicht unbedingt einen einzelnen Menschen, sondern Stärken von Menschen in meiner Umgebung, die mir selbst abgehen, da ich oft unsicher, zaghaft, manchmal schwermütig bin. Als da wären: Die souveräne ruhige Art meiner Partnerin in finanziellen oder anderen organisatorischen Angelegenheiten und ihr phantasievolles Malen Abend für Abend gibt mir Geborgenheit. Der schöne, weil so schnörkellos schlichte Schreibstiel von Angelika Overath; egal, ob es eine Rezension, eine Reportage oder ein Buch ist. Fadrina Hofmanns Fähigkeit, von mir wenig interessant erscheinenden Themen einen lesenswerten Artikel schreiben zu können und das in rasender Geschwindigkeit. Immer mit Wertschätzung für ihr Gegenüber.Der mühelose und höchst effiziente Umgang mit Medien bei Leseanfragen meines Kulturmanagements durch Katha mit der Künstleragentur «Katha Musik», dabei immer leicht und verschmitzt mit dem Lieblingswort: «easy!»

Was ist für Sie schwieriger zu überbringen: Eine Diagnose oder das Risiko? 
Meinen PatientInnen die Diagnose einer unheilbaren Erkrankung zu überbringen, ist mit Sicherheit etwas vom Schwersten in meinem Berufsleben. Mir ist wichtig, transparent zu sein und trotzdem zu versuchen, den Betroffenen Boden zu geben, Ängste aufzufangen, auch Hoffnungsmomente zu schaffen.

Wenn Sie ein Lebensmittel wären: Welches wären Sie?
Goldbroiler oder Beurre salé.

Ihr Lieblingsvogel?
Die kreischende Möve weckt die Sehnsucht nach dem Meer.

Was halten Sie für ein Meisterwerk der Natur?
Den Regenbogen: Er birgt alle Schönheit und alle Vergänglichkeit in sich. Die Regenbogenfarben symbolisieren die Vielfalt unseres Daseins. Und den Vollmond: Gross in orangenen Tönen steigt er auf, wird bald zitronengelb, dann immer heller und wechselt schliesslich in ein kaltes weisses Licht, bevor er unversehens hinter den Horizont fällt.

Was möchten Sie sein?
Mein Praxisalltag ist eng getaktet und von vielen unvorhergesehenen Ereignissen geprägt. Auch mein sonstiges Leben ist voller Trubel durch meine vielseitigen Interessen gepaart mit Neugier auf das Leben in all seinen Facetten. So stelle ich mir in stillen Momenten manchmal vor, als buddhistische Nonne in einem Zen-Kloster zu weilen oder in einer kleinen Klause in den Bergen. 

Welches Buch müssen wir aktuell lesen?
Während des Schreibens meiner Kinderbilder hat mich Tove Ditlevsen mit ihrer Sprachgewalt in «Kindheit» tief beeindruckt. Den Grundton würde ich als heitere Melancholie beschreiben, nur ein vermeintlicher Widerspruch.
«Nahe Tage» von Angelika Overath ist ein Leitbuch für mich. Sie schafft es in der Kürze des Buches, einen schmerzlichen Mutterkosmos in eindrücklicher Weise und in allen Facetten auszubreiten.
 

Tove Ditlevsen
«Kindheit, Teil 1 der Kopenhagen-Trilogie»
Roman
Übersetzung aus dem Dänischen Von Ursel Allenstein
118 Seiten, gebunden
Aufbau Verlag
Fr. 27.50
ISBN 978-3-351-03868-7
 


Angelika Overath
«Nahe Tage, Roman in einer Nacht»
176 Seiten, Broschur
BTB Taschenbuch
Fr. 19.90
ISBN 978-3-442-77051-9