Tim Krohn

Tim Krohn: Hundert Wörter gibt mein Leben nicht her. Deutsche Eltern, aufgewachsen im Glarnerland. Bis dreissig ewiger Student und Freejazz-Saxofonist, danach Schriftsteller: Stücke, Romane, Opernlibretti. Für sieben Jahre Kriminalautor (Pseudonym Gian Maria Calonder). Seit 2025 Singer / Songwriter. Aktuelle CD: «Newborn Life», aktuelles Bühnenprogramm «Wes Kind ich bin». Verheiratet mit der Schriftstellerin Micha Friemel, vier Kinder. Oder wie es in meinem jüngsten Song «It’s All Right» heisst:
He wrote his songs, as he baked his bread
To feed the people – that’s, what he said
What he couldn’t do with passion, he dropped
At the end of his life he’d yet managed a lot
He fixed houses, raised children and trees to climb
He indulged a love for sound and rhyme
And shape and color and not least for his wife
There were women before, but she shared his life
For her he’d make a black cloud bright
For his children he’d hide lights in the night
Was he a glad man? I’d say, quite
Welche drei «versunkenen Wörter» gefallen Ihnen besonders? Und weshalb?
Oh, bei uns sind noch gar nicht all diese Wörter vergessen, blümerant etwa, Gängelband und Zugemüse benutzen wir durchaus, auch noch eine ganze Reihe anderer. Vielleicht hat es mit den alten Häusern zu tun, in denen wir wohnen und arbeiten und in denen alte Zeiten noch immer sehr lebendig sind.
Wie leben Sie?
Mit Frau, vier Kindern und zwei Schwiegereltern in einem wunderbar verschrobenen und verwinkelten Engadiner Bauernhaus mit tausendjährigen Grundmauern. Ein zweites Haus, die Chasa Parli, betreiben wir als kleine verwunschene Pension. Denn meine Frau schreibt wie ich, und damit kann man in der abgelegenen Val Müstair keine Familie ernähren.
Der bisher schönste Moment Ihres Lebens?
Dalai Lama antwortet auf diese Frage jeweils: «Jetzt.»
Finde ich wunderbar, und ich arbeite darauf hin, das auch sagen zu können. Tatsächlich finde ich, mit zunehmendem Alter wird das Leben immer besser.
Ihr Lieblingsessen?
Morgens um sieben irgendwo am Meer auf den Fischmarkt gehen, fangfrischen Fisch kaufen und braten, dazu Barba di Frate mit als Olivenöl und Salz. Das ist für mich das pure Glück.
Eine Sucht, zu der Sie stehen können?
Meine Kinder. Die Musik.
Ihre Vorstellung von Unglück?
Habe ich nicht. Vielleicht, die Denkfähigkeit zu verlieren. Aber dann bliebe ja immer noch das Fühlen ...
Ihr Lieblingswort?
Wandel.
Anders als in Ihren Krimis: wie möchte Sie nie sterben?
Der oben zitierte Song handelt auch von meinem Tod:
He left at a good day to die, with a smile
Though he’d have preferred to go on for a while
At a rainy noon, scent of lavender and dust
The earth looked like a well-baked crust
And they ate up his bread, and they sang his songs
Then they dried their tears, said goodbye and went on
For his brood had inherited his passionate way
And their plenty of projects couldn’t wait
Yet at night they still found hidden lights
And sometimes a cloud seemed conjured bright
Was the world a good place? Well, he’d have said, quite
It’s all right
Ohne jemanden zu sterben, der noch einmal meine Lieder singt, wäre kein schöner Tod.
Sie haben einen Wunsch frei, wen Sie treffen möchten: Wer wäre es und warum?
So gewöhnlich es klingen mag, ich finde Tylor Swifts Bodenständigkeit unglaublich schön und würde zu gern mit ihr auf der Bühne singen. Aber mit den Menschen, die gerade in meinem Leben stehen, bin ich auch sehr glücklich.
Welches Buch müssen wir aktuell lesen?
Die Frage schmerzt, denn in unseren momentanen Lebensumständen kommen wir viel zu wenig zum Lesen. Ein Buch, das ich nie missen möchte, weil es alle Schubladen sprengt, ein Bilderbuch ist, versponnen wie ein Roman und so klug wie das klügste Sachbuch: «Anders nicht falsch» von Maria Zimmermann. Ein Buch über das Leben als autistischer Mensch.
Am Samstag, 16. August 2025 gibt es einen Krimiabend auf der MOTTA NALUNS mit Tim Krohn. Ab 17 Uhr fahren wir mit der Gondel hoch, Apéro und Znacht begleiten die Lesung aus seinem neuesten Werk «Der Engadiner Dorfpolizist». Danach gondeln wir zurück ins Tal - hoffentlich vollständig. Sonst ist das wohl Stoff für einen neuen Fall für Jon Salutt.
«Anders nicht falsch» von Maria Zimmermann
220 Seiten, Kartoniert
durchgehend illustriert
Kommode Verlag Anette Beger
Fr. 30.00
ISBN 978-3-905574-97-5