Gabrielle S. Rüetschi

Fotografie privat

«Ich bin in Montreal geboren und verwurzelt, danach in der Region Baden aufgewachsen. Heute lebe und schreibe ich in Baden und Scuol. Seit meinem frühen Erwachsenenalter ist Sprache im Allgemeinen und schreibendes Verdichten im Speziellen eine wesentliche Passion, angeregt durch ausgedehnte innere und äussere Reisen. Mein Weg führte erst durch verschiedene Berufs- und Lebenserfahrungen (unterrichten, behandeln, beraten, Kinder wachsen lassen...) bis ich vor einigen Jahren das Schreiben zu meiner Hauptbeschäftigung machte. Mein Schreiben ist inspiriert durch lange Streifzüge in der Natur. Ich trage meine Gedichte auch gerne vor: «Kaleidoskop Wasser» und «Gebärde der Erde» sind die aktuellen Programme meiner Lesungen.»

Welche drei Tätigkeiten zeichnen Sie aus?
Hmm. Es sind vier! Pilgern, Zuhören, Forschen, Jonglieren. «Pilgern» in der Natur, ihren Lebewesen zuhören (dazu gehören Menschen, Tiere, Pflanzen, aber auch Steine, Wasser, Wolken, Farben), forschen indem ich verarbeite, vergleiche, verwebe, verdichte und jonglieren mit Worten, damit sie dadurch in ein stimmiges Spiel und Gleichgewicht kommen.

Welches ist ihr liebstes Element? Weshalb?
Das Wasser – davon bin ich seit sehr langem überzeugt. Weil ich mich und mein Leben in sehr vielen seiner Eigenschaften wiedererkennen kann, weil ich anpassungsfähig und doch auch eigensinnig, weich und gleichzeitig powerful, im Kreislauf ewig lebend und sehr wandelbar bin. Seit ich mich aber intensiv auch mit Erde, Feuer und Luft beschäftige, ist mir klar geworden, wie sehr sich die vier Elemente bedingen, im Gleichgewicht halten - und alleine nicht lebensfähig sind. Trotz Wasser als liebstem Element: den Gedichtband über die Erde zu schreiben, war eine unermessliche Entdeckung für mich – und ein unerwartetes Glück.

Womit beenden Sie einen gelungenen Tag?
Mit Abendschritten in der Dämmerung oder stillen Momenten auf dem Balkon.

Wofür stehen Sie mitten in der Nacht auf?
Früher für unsere Kinder, die nicht schlafen konnten – jahrelang! Und heute, um über den Sternenhimmel zu staunen.

Was packen Sie immer in Ihren Koffer ein?
Zwei Tennisbälle, um sich anbahnende Verspannungen auch am Rücken schnell lösen zu können.

Wie möchten Sie sterben?
Mit einem «Danke» im Herzen und womöglich auch auf den Lippen, im Frieden mit mir und der Welt.

Was ist für Sie ein verlorener Tag?
Ein Tag ohne einen Augenblick der Freude.

Welche Erfindung ist für Sie die bedeutendste?
Die Schrift, mit der die menschliche Sprache festgehalten und über lange Zeiträume auch weitergegeben werden kann – und so unsere Erinnerung wachhält.

In welchem anderen Jahrhundert hätten Sie gerne gelebt?
In keinem vergangenen – ich bin sehr froh, dass sich die Menschheit – zwar (für eine ungeduldige Seele wie mich) unendlich langsam, aber stetig zu einer liebevolleren, sich der Umwelt bewussteren Spezies entwickelt. Und ihre eigentlich doch schöne Verantwortung der Schöpfung gegenüber mehr und mehr wahrnimmt. Allem gegenwärtigen Grauen zum Trotz: ich glaube daran.

Welches Buch müssen wir aktuell lesen?
«Das Eisschloss» von Tarjei Vesaas

 

Tarjei Vesaas
Das Eis-Schloss
208 Seiten, Broschur
dtv Taschenbuch
Fr. 19.50
ISBN 978-3-423-14818-4

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